Der Beginn der Pubertät tritt bei Kindern im unterschiedlichen Alter auf.
Bei trans Mädchen rechnet man mit einem Pubertätsbeginn im Alter von ca. 12–14 Jahren, bei trans Jungen ist das im Altersbereich von ca. 9–12 Jahren der Fall.
→ Für alle trans Kinder im vorpubertären Stadium gilt, was wir im letzten Kapitel (Kap.06.3) genannt haben.
→ Eine Sache kommt jedoch noch hinzu, und zwar müssen Sie, wenn Ihr Kind in die Pubertät kommt, über pubertätsunterdrückende sowie geschlechtsangleichende Hormone nachdenken. Ob Ihr Kind diese Hormone dann auch tatsächlich nimmt oder nicht, spielt vorerst keine Rolle, Sie müssen sich aber damit auseinandersetzen.
Wenn ein Kind in die Pubertät kommt, beginnt sein Körper sich in die Richtung zu entwickeln, die ihm bestimmte Geschlechtsmerkmale durch die Hormone vorgeben. Bei binären trans Kindern ist das jedoch die völlig entgegengesetzte Richtung zum empfundenen Geschlecht und für sie kommt es meistens einer Katastrophe gleich. Der Körper eines trans Mädchens entwickelt sich zum Männlichen hin, der eines trans Jungen entwickelt sich zum Weiblichen hin. (Siehe dazu auch Kap.06.07.)
Sollte sich ihr Kind noch nicht in der Pubertät befinden, kann sich eine Prüfung als sinnvoll erweisen, ob ihr Kind vom Anhalten der körperlichen Entwicklung profitieren könnte, d.h ob eine Gabe von Pubertätsblockern einen positiven Effekt haben könnte. (Details der Prozedur: siehe Kap.06.7.)
Dies ermöglicht Ihrem Kind darüber nachzudenken, wie seine weitere Körperentwicklung aussehen möge, ob Kinderwunsch besteht und ob dieser realisiert werden könnte. Pubertätsblocker werden oftmals bis zu zwei Jahren gegeben (eine Gabe über einen noch längeren Zeitraum ist jedoch möglich). Dieser Zeitraum steht Kindern wie Eltern zur Verfügung, um ihre Entscheidungen zu überprüfen und über das weitere Vorgehen bezüglich Hormone und Fruchtbarkeit nachzudenken.
Wenn ein trans Mädchen (evtl. nach den Blockern) jedoch weibliche Hormone (Östrogene) und ein trans Junge (evtl. danach) männliche Hormone (Testosteron) erhält, wird sich ihr Körper gemäß ihrer Geschlechtswahrnehmung entwickeln und sie können zukünftig in der Öffentlichkeit ein „normales“, unauffälliges Leben führen, d.h. dass das bei der Geburt zugeordnete Geschlecht äußerlich nicht zu erkennen sein wird. Dieser Effekt kann als Passing bezeichnet werden. Er ist für viele junge Menschen, die sich als binär empfinden, von großer Bedeutung und explizit erwünscht.
Aufgrund der langen Wartezeiten, könnte es sich als sinnvoll erweisen, Ihr Kind bereits in der Kindheit oder spätestens in der Vorpubertät Endokrinolog_innen vorzustellen. Damit kann sichergestellt werden, dass Ihr Kind zum entsprechenden Zeitpunkt Medikamente erhält, die wichtig sind! Auch kann eine vorherige psychologische / psychotherapeutische Beratung die informierte Einwilligung sichern und dadurch den Entscheidungsprozess fördern sowie die Gefahr eines späteren Bedauerns vermindern. (Siehe auch Kap.10.2.)
→ Beachten Sie bitte, dass Sie bzw. Ihr Kind eine Entscheidung zu Pubertätsblockern und Hormonen treffen müssen. Wenn Sie die Entscheidung nicht treffen, so trifft die Natur diese Entscheidung!
Nicht entscheiden zu wollen, ist demnach auch eine Entscheidung, die Ihr Kind möglicherweise im Verlauf seines Lebens sehr bereuen kann.
Nächstes