Wenn Eltern / Erziehungsberechtigte / Pädagog_innen zum ersten Mal mit einem Kind konfrontiert werden, welches mit seiner geschlechtlichen Zuordnung als Junge oder Mädchen zu hadern scheint (einfach gesagt: es scheint trans zu sein), dreht sich bei diesen Erwachsenen eigentlich alles um die Frage:
„IST das Kind trans?“
Diese Frage ist recht schwierig zu beantworten und es gibt auch keine Expert_innen, die diese Frage kompetent und eindeutig beantworten können.
Die Frage an sich beinhaltet bereits gleich mehrere Probleme:
1. Was genau ist mit der Frage „Ist das Kind trans?“ gemeint? Ist damit gemeint, ob das Kind ein ganzes Leben lang trans sein wird, oder ob es sich um eine vorübergehende Phase handelt? Und wenn eine vorübergehende Phase gemeint ist, welche Zeiträume haben wir zu erwarten? Reden wir von wenigen Wochen oder Monaten, von ein paar Jahren, von mehreren Jahrzehnten?
Dies zu beantworten ist unmöglich, weil das Leben jedes Menschen (auch von Erwachsenen) in Phasen und sehr unterschiedlich verläuft. Die meisten Menschen ändern sich in ihrer Persönlichkeit im Laufe von Jahren, Jahrzehnten mal mehr, mal weniger. Daher kann unter Umständen auch trans Sein bei Menschen kommen und gehen.
Es kann also sein, dass ein Kind jetzt aktuell mit seinen geschlechtlichen Körpermerkmalen hadert (Laien würden wohl sagen: „dass das Kind trans ist“), das kann sich aber wieder zurück entwickeln oder eine komplett andere Form annehmen.
2. Das, was oftmals unter Laien oder auch in der breiten Bevölkerung einfach als „trans“ bezeichnet wird, splittet sich bei näherer Betrachtung in viele Kategorien auf. Tatsächlich wird ein Kind als trans bezeichnet, wenn es sich eindeutig und vollständig im sogenannten anderen Geschlecht wiederfindet. Wenn also beispielsweise ein Kind, das bisher als Junge betrachtet würde, sich als Mädchen empfindet und/oder bezeichnet, würde für dieses Kind die Bezeichnung trans Mädchen passen. Vielleicht wird sich aber im Laufe der folgenden Wochen oder Monate zeigen, dass sich das Kind nicht eindeutig zwischen „männlich“ und „weiblich“ positioniert (das geht in Richtung „abinär“) oder das Kind hat wechselnde Phasen in welchen es sich mal als Mädchen und mal als Junge bezeichnet und/oder empfindet (das könnte als „genderfluid“ bezeichnet werden). Für Eltern bzw. allgemein für cis Menschen ist das meistens sehr schwer nachzuvollziehen. Abinäres bzw. genderfluides Sein macht Eltern erfahrungsgemäß viel länger und viel mehr Schwierigkeiten als „einfaches“ (binäres) trans Sein.
Es kann natürlich auch sein, dass ein Kind auf körperlicher Ebene nicht eindeutig nur männliche oder nur weibliche Geschlechtsmerkmale aufweist. Vermutlich sind die äußeren Geschlechtsmerkmale bekannt, in der Regel wurden beim betreffenden Kind jedoch die inneren Geschlechtsorgane nicht betrachtet (via Ultraschall, etc..). Weist das Kind sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane auf (selbst wenn diese nur teilweise angelegt sind), handelt es sich wohl um ein intergeschlechtliches Kind.
Siehe auch: „Beschreibung von trans in Kap.02.1“ und „Begriffserklärungen von Intergeschlechtlich„!
Wenn Laien also von „trans“ reden, ist oft etwas anderes gemeint, als Leute, die gedanklich in der Materie drin sind.
Des Weiteren verstehen oder antworten sowohl Laien als auch Expert_innen nochmal anders als Kinder, welche trans ja am eigenen Leib erfahren. Es gibt von „trans“ also drei Betrachtungsebenen.
Es gibt die Laienebene, die Expert_innenebene und die Erfahrungsexpertisenebene (der Kinder).
Von „trans“ zu sprechen kann also immer zu Missverständnissen führen.
3. Nehmen wir an, das Kind sei trans (ob binär oder abinär oder für welchen Begriff sich die betreffende Person auch entscheiden mag). Die eigentliche Frage ist aber nun, was Eltern mit dieser Information anfangen. Wollen sie dies nur als reine Information betrachten (so ähnlich wie: „Das Kind hat eine schöne Kastanie gesehen.“), die sie nicht weiter bewerten, oder bedeutet die Information, dass sie sich die Frage stellen: „Was kann ich tun, damit dieses Kind glücklich wird?“?
Die reine Information, ob das Kind trans ist oder nicht, hat zwar einen Einfluss auf die Ängste und Sorgen der Eltern, hilft aber dem Kind nicht weiter.
Der eigentliche Punkt ist also gar nicht, ob das Kind irgendeine bestimmte Eigenschaft aufweist, sondern ob die Eltern / Erziehungsberechtigten / … in irgendeiner Weise aktiv werden müssen und ggfs. in welcher Weise.
Die wesentliche Frage lautet also gar nicht: „Ist mein Kind trans?“, sondern:
„Muss ich in irgendeiner Weise aktiv werden (bezüglich einer Transgeschlechtlichkeit des Kindes) oder kann ich noch untätig abwarten und hoffen, dass sich das „Problem“ bald von alleine in Luft auflöst?“
Nochmal zur Verdeutlichung: Die Frage: „Ist mein Kind trans?“ resultiert meist aus der Unsicherheit/Angst/Sorge/… der Eltern und Erziehungsberechtigten. Das ist zwar in Ordnung und hat seine Daseinsberechtigung, aber dem Kind bringen Unsicherheiten, Ängste und Sorgen der Eltern absolut gar nichts. Die Sorge darf und wird zwar bei Ihnen im Hinterkopf präsent sein und arbeiten, aber Priorität hat zu diesem Zeitpunkt das Kind und die Frage, welche Vorgehensweise für das Kind am besten ist. Diese Information erhält man am ehesten, in dem man das Kind befragt, und zwar nach seinen Bedürfnissen, danach, was es im Hier und Jetzt von seinen Eltern benötigt, aber auch von seinem nahen bzw. ferneren Umfeld.
In welcher Art und Weise ein Kind ein mögliches trans Sein formuliert, hängt natürlich nicht nur von der Wesensart des Kindes ab, sondern auch vom Alter.
Bei älteren Kindern (also ungefähr Grundschulalter oder älter) ist das einfach:
Das Kind wird meist irgendwann klar und deutlich formulieren, dass es trans ist (auch wenn ihm möglicherweise die richtigen Begriffe dafür fehlen).
Man braucht also keinen Fragekatalog dafür.
Meist kommt die Feststellung der Kinder für die Eltern unerwartet und ohne besonderen Anlass. Der Sohn kommt beispielsweise zu den Eltern und sagt „Übrigens: ich bin ein Mädchen!“, dreht sich um und geht wieder.
Für manche Eltern ist das die Erklärung für manche frühere „merkwürdige“ Verhaltensweisen des Kindes. Für andere Eltern ist es tatsächlich auch eine Erleichterung, da sie Schlimmeres befürchtet hatten oder weil sie nun etwas Handfestes haben, womit sie nun irgendwie umgehen können. Für nochmal andere Eltern ist es ein absoluter Schock, da eine mögliche Transgeschlechtlichkeit des Kindes für sie absolut nicht sichtbar gewesen ist. Diese Eltern hadern (verständlicherweise) oftmals länger damit.
Bei jüngeren Kindern (Vorschulalter, frühes Grundschulalter) ist es eher von Relevanz, dass Eltern die Bedürfnisse ihres Kindes erkennen und entsprechend handeln. Meist gibt es in dieser Zeit darum, dem Kind eine Möglichkeit zu geben, zu experimentieren, auszuprobieren und herauszufinden, wie es leben möchte und was am besten zu seiner geschlechtlichen Selbstwahrnehmung passt. Hierbei nutzen die Kinder häufig Kleidung, Spielsachen, Spielpartner_innen und vieles mehr.
Manche Kinder im Alter von zwei, drei Jahren geben ihren Eltern bezüglich der Geschlechtsrolle zu verstehen: „Es passt“, manche geben zu verstehen „Es passt nicht“ und beginnen mit den Eltern zu verhandeln. Manche andere wiederum halten einfach den Mund, von denen wissen wir nichts.
Wenn Kinder die Möglichkeit bekommen, die Rolle des „anderen“ Geschlecht auszuprobieren, empfinden die Eltern das Verhalten oft exzessiv und übertrieben und fragen sich, wie es sein kann, dass das Kind nicht davon ablässt, sich auch häufig nicht oder nur kurzzeitig korrigieren lässt. Kinder sind in der Situation eigentlich nie verwirrt, Eltern/Erwachsene ganz oft.
Wir wissen nicht, was in einem Kind vorgeht. Am geschicktesten ist es vermutlich, es einfach machen zu lassen und zu beobachten. Nimmt es die Rolle des „anderen Geschlechts“ nach ein paar Tagen immer noch exzessiv ein, oder erweckt es den Eindruck, dass die Begeisterung für „das andere“ Geschlecht abnimmt?
Im letzteren Fall, wenn die Begeisterung abnimmt, handelte es sich wohl nur um eine kurze vorübergehende Phase. Die kommt vielleicht wieder, vielleicht kommt sie auch verstärkt wieder, aber für den Moment hat sich das Thema „trans“ vermutlich erübrigt.
Eltern sind auf der Suche nach Sicherheiten und Diagnosen, aber es gibt leider keinen „Trans-Blut-Test“ oder etwas Vergleichbares. Es gibt keine absoluten Sicherheiten. Man muss dem Kind vertrauen und zuhören. Mehr gibt es nicht.
Es gibt nur eine sichere Methode herauszufinden, ob ein Kind trans ist oder nicht: Eltern müssen das Kind diesbezüglich eine Zeit lang beobachten.
Auch Expert_innen, Gender-Spezialist_innen usw. können nicht in ein Kind hineinsehen und sind dabei immer von der Selbstaussage des Kindes abhängig – so, wie die Eltern auch. Bei einigen Kindern werden Eltern sehr schnell wahrnehmen, was das Kind benötigt, bei anderen Eltern kann dies länger dauern, z.B. weil ihnen die Kinder die für die Eltern notwendig erscheinende „Eindeutigkeit“ verweigern. Gerade letztere Eltern sind häufig geneigt, die Ansichten verschiedenen „Spezialist_innen“ ungefiltert zu übernehmen, anstelle die Aussagen und Bedürfnisse ihres Kindes selber ernst zu nehmen. Dieser Konflikt wird selten durch die Umsetzung der Ratschläge Außenstehender gelöst, da die Antwort auf die wesentlichen Fragen im Kind selbst und in der Eltern-Kind-Beziehung und -Bindung liegen.
Nun ist es für Eltern gerade in der Anfangszeit enorm wichtig, eine Hilfestellung zu erhalten, Indizien an denen man sich zumindest ungefähr entlang hangeln kann, um abzuschätzen, ob sich die Situation eher in Richtung Transgeschlechtlichkeit entwickelt oder eher nicht.
Es gibt Leitlinien, anhand derer Therapeut_innen versuchen herauszufinden, ob bei einem Kind eine Geschlechtsinkongruenz vorliegt.
Diese Leitlinien bilden eine Art von Fragekatalog, den Eltern zwar irgendwann mal unnötig finden werden, er kann aber in der Anfangszeit möglicherweise helfen bzw. als Orientierung dienen.
Die „Störung der Geschlechtsidentität“ im Kindes- und Jugendalter ist gemäß einer medizinischen Nomenklatur durch zwei Hauptsymptome und mehrere Nebensymptome gekennzeichnet: (Quelle: AWMF-Register Nr. 028/014 Klasse S1-Leitlinie).
Ein Trans-Test:
● erstes Hauptsymptom: Es besteht der dringende und anhaltende Wunsch, dem anderen Geschlecht anzugehören.
Bei Kindern sollten vier der fünf unten stehenden Kriterien erfüllt sein:
▪ Das Kind wiederholt den Wunsch oder beharrt darauf, dem anderen Geschlecht anzugehören.
▪ Es bevorzugt Kleidung des anderen Geschlechts oder ahmt das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts nach.
▪ Es bevorzugt dringlich und andauernd die gegengeschlechtliche Rolle im Spiel oder hat anhaltende Fantasien, dem anderen Geschlecht anzugehören.
▪ Es verspürt den intensiven Wunsch, an den für das andere Geschlecht typischen Spielen und Aktivitäten teilzunehmen.
▪ Es hat eine starke Präferenz für gegengeschlechtliche Spielkameraden.
Jugendliche äußern den Wunsch, dem anderen Geschlecht anzugehören, als Person des anderen Geschlechts zu leben und betrachtet zu werden. Sie äußern die Überzeugung, die typischen Gefühle des anderen Geschlechts zu empfinden. Nicht selten treten sie auch real in der gegengeschlechtlichen Rolle auf und werden in dieser akzeptiert.
● zweites Hauptsymptom:
Es besteht ein dauerndes und starkes Unbehagen über das eigene Geschlecht.
Bei Kindern werden diese Symptome beobachtet:
▪ Jungen lehnen typisch männliche Kleidung vehement ab.
▪ Sie haben eine Abneigung gegen Jungenspiele und -spielsachen.
▪ Sie lehnen die männlichen Genitalien ab.
▪ Sie äußern den Wunsch, die männlichen Genitalien sollten verschwinden.
▪ Sie äußern, dass es besser wäre, keinen Penis zu haben.
▪ Sie zeigen eine Abneigung, im Stehen zu urinieren.
▪ Mädchen lehnen typisch weibliche Kleidung vehement ab.
▪ Sie lehnen es ab, die Haare lang zu tragen.
▪ Sie versichern, einen Penis zu haben oder noch zu bekommen.
▪ Sie äußern den Wunsch, dass Brustbildung und Menstruation nicht eintreten.
▪ Sie zeigen eine Abneigung, im Sitzen zu urinieren.
Jugendliche beschäftigen sich gedanklich vor allem damit, ihre primären und sekundären Geschlechtsmerkmale loszuwerden und Merkmale des anderen Geschlechts zu entwickeln; zum Beispiel besteht der Wunsch nach hormoneller und chirurgischer Behandlung. Weibliche Patienten binden sich typischerweise ihre Brüste ab oder verbergen sie unter weiter Kleidung. Einige trans Personen verwenden für sich die Formulierung, im Körper des falschen Geschlechts geboren worden zu sein. Für andere geht es nicht um den Körper, der falsch sei, sondern um bestimmte Geschlechtsmerkmale. Sie zeigen oft Gefühle der Verzweiflung und des Hasses gegenüber bestimmten Körpermerkmalen und leiden an Depressionen, die zu Suizidversuchen führen können.
(Eines der Probleme dieses Tests besteht darin, dass er von einer Binarität des Geschlechts ausgeht, also von einem „rein männlich“ vs. „rein weiblich“. Damit kann er schon mal nicht die Vielzahl der geschlechtlichen Selbstwahrnehmung abbilden. Er kann aber Eltern erste Hinweise geben, wo ihr Kind steht.)
Auch ist leider nicht festgelegt, wie lange „dauerhaft“ oder „anhaltend“ bedeutet. Wenn wir also weiter oben davon sprachen, dass das Kind den dringenden und anhaltenden Wunsch verspürt, dem anderen Geschlecht anzugehören, gibt es unterschiedliche Auffassungen davon.
In manchen Statistiken werden beispielsweise sogar Jugendliche als „trans“ erfasst, wenn sie auch nur ein paar Tage oder wenige Wochen den Wunsch verspüren, dem anderen Geschlecht anzugehören (siehe auch Kap.04.5 [Niederlande] ).
In seriösen Statistiken des deutschsprachigen Raums, werden solche Verhaltensformen eher unter der Kategorie „vorübergehende Phase“ verbucht und fällt eigentlich nicht unter „trans“. Von trans reden wir üblicher Weise, wenn die Phase eine Dauer in der Größenordnung von mindestens 2-3 Monaten anhält.
Was hingegen absolut nichts mit trans zu tun hat, ist die Vorliebe von Kindern stereotype Spiele des anderen Geschlechts zu spielen. Nur, weil ein Junge mit Puppen spielt, oder ein Mädchen mit Autos und gerne auf Bäume klettert, ist das noch lange kein Anzeichen für eine Transgeschlechtlichkeit des Kindes! Vergleichbares gilt für die Kleidungsauswahl an sich.
„Was tun?“
Eine gute Möglichkeit wäre, die nächsten Ferien abzuwarten und dann zu Beginn der Ferien dem Kind (zumindest daheim) zu erlauben, die Rolle des sogenannten anderen Geschlechts anzunehmen. Unter geschützten Bedingungen daheim sollte das Kind den maximalen Freiraum bekommen, sich zu entfalten, wodurch man die von ihm gewünschte Entwicklung beobachten kann.
Will ein (bisher als Junge zugeordnetes) Kind ein Mädchen sein, sollte ihm durchaus erlaubt sein, Mädchenkleider anzuziehen, Rosa und Glitzer zu tragen, eventuell auch Stöckelschuhe. Wünscht es, mit einem bestimmten Mädchennamen angesprochen zu werden, sollten die Familienmitglieder das auch tun und es auch mit „sie“ ansprechen, nicht mit „er“. Der „Junge“ sollte ein „richtiges Mädchen“ sein dürften.
Will ein (bisher als Mädchen zugeordnetes) Kind ein Junge sein, geht man ähnlich vor. Das Kind sollte dunkle Hosen und Oberteile tragen dürfen, falls es das wünscht, die Haare kurz schneiden und mit einem gewünschten Jungennamen angesprochen werden. Die „Tochter“ sollte „ein richtiger Junge“ sein dürfen.
Es wird den Eltern möglicherweise sehr schwer fallen und vielleicht das Herz zerreißen. Sie werden Tränen vergießen und beim „neuen“ Anblick ihres Kindes vielleicht die Welt nicht mehr verstehen, aber sie werden möglicherweise ein so glückliches Kind vor sich haben, wie sie es vorher noch nie gesehen haben.
Wenn das Kind keine trans Eigenschaften hat, wird es vom Leben im anderen Geschlecht nach spätestens zwei, drei Tagen die Nase voll haben. Wenn das Kind nach einer Woche im „neuen Geschlecht“ immer noch glücklich ist, ist es wahrscheinlich tatsächlich trans.
Das „Umstellen“ der Geschlechterrolle, wenn also ein angebliches Mädchen nun ein (trans) Junge sein darf oder ein angeblicher Junge ein (trans) Mädchen, kann als Transition bezeichnet werden. (Wobei es sich bei der „Transition“ hier um die elterliche Perspektive handelt. Insbesondere bei jüngeren Kindern findet oft keine Transition statt, da sie sich immer schon in dieser Rolle des „anderen“ Geschlechts befanden, auch wenn ihnen nicht dieses Geschlecht zugeordnet wurde. Sie haben diese Rolle also nie gewechselt und damit – streng genommen – nie eine Transition durchgeführt.)
Sollten Sie Ihrem Kind gestatten, einen Wechsel der Geschlechterrolle durchzuführen (was wir hier als „Transition“ bezeichneten), sollten Sie Ihr Kind in den ersten Tagen danach natürlich ebenfalls beobachten.
Wie verhält sich das Kind nun?
Lässt die Euphorie nach ein paar Tagen nach?
Oder wirkt das Kind richtig gelöst, tanzt und spielt voller Freude?
Bei manchen Kinder fällt z.B. auf, dass sie regelrecht strahlen, wenn ein Fremder sie in ihrer neuen Rolle als Mädchen bzw. Junge anspricht. Z.B. spricht ein Fremder, der weder Kind noch Eltern kennt, das Kind (früher Junge, jetzt Mädchen) an mit: „Na, junge Dame. …“. Daraufhin strahlt das Kind wie ein Sonnenschein.
Auf solche Kleinigkeiten sollten Eltern achten. Kein_e Expert_in kann so viel über das Kind aussagen, wie das Kind über sich selbst.
Für Eltern ist diese Phase nicht leicht. Sämtliche Sorgen und Ängste machen sich bei Gedanken um die Zukunft des Kindes breit. Sämtliche Probleme der Eltern sind für trans Kinder aber nicht relevant. Je nachdem, wie alt das Kind ist, hat es diese eventuell auftretenden Probleme sogar alle auf dem Schirm, es hat aber jetzt einfach andere größere und konkretere Probleme.
Eltern brauchen nun dringend einen Perspektivwechsel. Ihre eigenen Sorgen und Ängste müssen in den Hintergrund rücken, das Wohl des Kindes hat Vorrang.
Für die meisten Eltern macht nun, da das Thema „trans“ auf dem Tisch ist, Vieles Sinn. Es war früher immer etwas Störendes da. Nun ergibt sich aus diesen wirren, unverständlichen Puzzleteilen plötzlich ein Bild.
Das Kind muss wissen, dass es geliebt wird, dass es in jeder Situation geschützt und unterstützt wird, dass die Eltern bedingungslos hinter ihm stehen.
Eltern müssen jetzt stark sein. Wenn ein Kind das Gefühl hat, dass die Eltern mit der Situation nicht umgehen können, kann es sein, dass es in sein „altes“ ursprünglich zugeordnetes Geschlecht wechselt, nur um die Eltern nicht zu überfordern. Leider heißt das nicht, dass das Kind nun glücklich wird. Die Eltern sind zufrieden, das Kind unglücklich, kann das aber vorübergehend überspielen. Dies wird jedoch nicht völlig ohne Konsequenzen sein, sondern birgt das Risiko für Einschränkungen in der Persönlichkeitsentwicklung, Schwierigkeiten in der Schule, körperliches und seelisches Leiden.
Eltern hängen in der emotionalen Blase, während das Kind andere Sorgen hat. Wenn es Angst hat, dass die Eltern die Situation nicht packen, kann es sein, dass es seine eigenen Bedürfnisse zurückstellt.
Es gibt Fälle, in denen trans Kinder von der Schule kommen und den Eltern zum Thema Mobbing sinngemäß sagen: „Wenn ich dir alles erzählen würde, was da passiert, wärst du genauso traurig wie ich“.
Kinder wollen Eltern schützen, aber sie müssen sagen können, wenn sie geärgert werden. Diese Verantwortungsumkehr sollte nicht passieren. Darüber sollten Eltern nachdenken, nicht ob das Kind trans ist oder nicht. Die Stärkung des eigenen Kindes ist das zentrale Thema. Für ein Kind ist es essentiell, zu erfahren und zu spüren, dass es bedingungslos geliebt wird.
Im Kopf der Eltern kursieren Fragen, wie: „Was mache ich jetzt?“ „Was sind die Konsequenzen meines Tuns oder Nichttuns?“ „Was darf ich, was darf ich nicht?“
Das sind keine einfachen Fragen, denn die Vorhersage, welches Handeln welches Ereignis zur Folge hat, ist für Menschen sehr schwierig.
Der Austausch mit anderen Eltern kann eine große Hilfe sein und enorme Auswirkung haben. Es gibt möglicherweise Lösungsansätze von anderen Eltern, die darüber schon mal nachgedacht haben.
Viele Institute bieten auf ihrer Internetseite noch weitere Hilfen an.
Man wird fündig, wenn man Internetseiten von Universitätskliniken durchsucht (die Transzentren sind oft ein Teilbereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie) oder bei einer der trans Organisationen.
Vielleicht bekommt man gute Hilfe, wenn man eine dieser Adressen unverbindlich anruft oder anschreibt.
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