Sollte ein Kind bereits in der Vorschulzeit zum Ausdruck bringen, dass seine geschlechtliche Zuordnung unpassend ist, liegt für Außenstehende der Verdacht nahe, dass die Eltern die Situation möglicherweise nicht ganz richtig einschätzen.
Eltern hören also bei Gesprächen mit unterschiedlichsten Institutionen und Personen oft zwischen den Zeilen Zweifel heraus, ob es denn überhaupt sein könne, dass sich bereits „so früh“ bei Kindern ein trans Sein herauskristallisieren könne. Zudem seien die Kinder eher verwirrt, noch nicht in ihrer Vorstellung von Frau und Mann gefestigt und könnten ihre geschlechtliche Zuordnung nicht richtig einschätzen. Eltern müssen sich recht oft erklären, aber irgendwann weiß es dann jede und jeder, dann werden die Fragen weniger.
Wann sollte gehandelt werden, was ist zu tun?
→ Alles, was wir in Kap.06.1 beschrieben haben: das Kind in seinem Weg unterstützen, evtl. Familienangehörige, Freund_innen und Ärzt_innen informieren, Außenstehende auf den Geschlechtsrollenwechsel vorbereiten, Kontakt zu Selbsthilfeorganisationen und Psycholog_innen aufnehmen, DGTI-Ergänzungsausweis beantragen.
→ In der KiTa : Als hilfreich könnte sich es erweisen, wenn Leitung und Erzieher_innen vorab informiert werden, da ihnen die Transition nicht entgehen wird. In der KiTa ist es den anderen Kindern meist relativ egal, ob ein Kind seine Geschlechtsrolle ändert oder nicht. Natürlich nehmen die Kinder einen Wechsel der äußerlichen Erscheinung wahr und werden dieses thematisieren. Eltern werden aber mit Erstaunen feststellen, dass nach ein paar Monaten viele Kinder der KiTa sogar tatsächlich vergessen haben werden, dass Ihr Kind früher mal einem anderen Geschlecht zugeordnet wurde. Möglicherweise möchten Sie in die Offensive gehen und einen Elternbrief schreiben, um Ihre Sicht der Dinge zu präsentieren, bevor sich irgendwelche Gerüchte und minder intelligente Ideen verbreiten.
Beispiel für einen Elternbrief
Oder aber sie warten ab und beobachten das Geschehen genau, insbesondere hinsichtlich möglicher negativer Reaktionen des Kindes gegenüber oder auch bei Tuschelei. In derartigen Fällen scheint es jedoch geboten, schnell zu reagieren, einzugreifen und über das Thema offen zu sprechen. Damit wird anderen Eltern die Gelegenheit gegeben, eigene Unsicherheiten und Ängste auszudrücken. Dies kann zu einer Bereinigung und Klärung der Situation beitragen.
Sollten die Erzieher_innen noch nie Berührung mit einem trans Kind gehabt haben, werden sie der Sache unsicher und zurückhaltend gegenüber stehen. Das ist durchaus in Ordnung. Nun liegt es an den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten, die Erzieher_innen mit ins Boot zu holen und mit Informationen zu versorgen.
Im sehr ungünstigen Fall erleben Kind und/oder Eltern Ablehnung durch die Änderung der Geschlechtsrolle ihres Kindes. Wenn keine Gespräche, keine Infos, und auch sonst nichts hilft, bleibt nur ein Wechsel der KiTa als Alternative übrig. Vor einem KiTa-Wechsel scheint es hilfreich, wenn nicht gar geboten, das neue Personal vorab zu informieren und zu prüfen, ob und wie das Kind dort aufgenommen werden wird. Dazu gehören über die Klärung der Verwendung des neuen Vornamens und Pronomens der Umgang mit sanitären Räumen wie auch der Umgang bei Hänseln und anderen ablehnenden Verhaltensweisen. Allerdings bleibt es den Eltern überlassen, ob Sie zu gegebenem Zeitpunkt die Eltern der anderen KiTa-Kinder informieren.
Ein immer wiederkehrendes Thema in KiTa und Schule sind die Klogänge. Scheinbar besteht da eine große Angst von Erzieher_innen, dass andere Kinder einen dauerhaften psychischen Schaden davon tragen könnten, wenn ihnen auffällt, dass beim trans Kind die sichtbare Geschlechterrolle nicht zu den körperlichen Geschlechtsmerkmalen passt. An dieser Stelle können die Erzieher_innen beruhigt werden. Die anderen Kinder gucken sicherlich interessiert (so wie Kinder bei allen neuen Situationen gucken), da Geschlecht und Geschlechterrolle bei ihnen noch keine relevante Rolle spielen, ist noch kein Kind bisher aus der Bahn geworfen worden. Außerdem kann das trans Kind ja in eine Klokabine gehen, wenn es das möchte, so dass kein anderes Kind etwas mitkriegt. Sollte ein anderes Kind wirklich „mitbekommen“, wie die Genitalien aussehen, kann ein erklärendes Gespräch helfen, die Situation aufzulösen. Etliche Bücher und FIlme (Beispiele hier ) sind geeignet, das Thema Transgeschlechtlichkeit kindgerecht und altersgemäß zu besprechen.
(Ein paar weitere Ideen zum Umgang mit KiTas finden Sie in Kap.09.2.)
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